Bericht vom 39. Prozesstag – 24.03.22

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Bericht vom 39. Prozesstag im Antifa Ost-Verfahren am OLG Dresden am 24.03.22.


Am 39. Prozesstag wurden drei Zeug:innen zu den Tatkomplexen Eisenach I und Eisenach II gehört.Der erste Zeuge war ein ehemaliger Freund von Leon Ringl, welcher beim Angriff auf das Bull‘s Eye von aussen Beobachtungen gemacht hat. Seine Vernehmung war sehr abwechslungsreich, da sich seine Aussagen minütlich änderten. Der nächste Zeuge war bei diesem Angriff Gast in der Kneipe und konnte kaum etwas zum Geschehen sagen. Die dritte Zeugin wohnte in derselben Straße wie Leon Ringl und hat Teile des Angriffs am 14.12.19 aus ihrem Schlafzimmerfenster beobachtet. 

Widersprüchliche Zeugenaussagen

Der erste Zeuge des Tages wurde vom vorsitzenden Richter am OLG, Schlüter-Staats, ordnungsgemäß belehrt und der Vorsitzende begann mit seiner Befragung. Der sichtlich nervöse 18-jährige Fliesenleger-Lehrling beobachtete gemeinsam mit seiner Ex-Freundin, welche im hiesigen Verfahren ebenfalls ausgesagt hat, in der Nacht vom 18. auf den 19.10.2019 den Angriff auf das Bull’s Eye in Eisenach. Er habe von 19-20 Uhr in einem Sportraum unter der Gaststätte Krafttraining gemacht. Danach habe er in der Kneipe noch eine Cola mit „dem Leon (Ringl)“ getrunken. Da er seinen Geldbeutel bei seiner damaligen Freundin vergessen habe, habe er sich anschließend mit dieser getroffen, um Geld bei der Sparkasse abzuheben um beim Rewe-Markt Zigaretten zu kaufen. Auf dem Weg nach Hause seien sie noch beim Bull’s Eye vorbeigegangen, um seine Rechnung zu bezahlen. Vor dem Bull’s Eye seien sie auf vier maskierte Männer getroffen. Diese hätten ihnen geraten, sich „zu verpissen“, sonst würde ihnen „das Gleiche“ passieren. Daraufhin seien sie dann auf die gegenüberliegende Straßenseite gegangen und hätten sich dort hinter einem Busch versteckt. Auf Bildvorlage des Senats beschrieb er die wahrgenommene Situation: Durch ein Fenster habe er gesehen, wie im Gastraum Gläser geflogen und Barhocker „nach oben gegangen“ seien. Außerdem sei eine Frau, welche er aufgrund langer Haare und ihrer Figur erkannt haben wolle, möglicherweise mit zwei bis drei weiteren Personen aus der Kneipe herausgerannt. Aus seinem ca. 30m weit entfernten Versteck habe er mit seiner Ex-Freundin den Vorfall weiter beobachtet: Der Zeuge merkte an, dass er die Fremden nur „mehr oder weniger“ hören konnte, ob Rufe wie „Abzug“ gefallen sein, könne er nicht sagen. Dennoch meinte er sich daran erinnern zu können, dass etwas in einem Müllsack, welcher von der vermeintlichen Frau gehalten wurde, geklimpert habe. In diesen sei eine Art „kleiner Feuerlöscher“ geworfen worden, wobei es sich nach Meinung des Zeugen um ein Pfefferspray gehandelt haben könnte. Genau zuordnen könne er dies aber auch nicht mehr. Die herausrennenden Personen seien zusammen mit den anderen vier Personen und dem Müllsack in Richtung Rewe weggelaufen. Der Zeuge habe aufgrund des Verkehrs nichts hören können, quietschende Reifen eines mutmaßlichen Fluchtfahrzeugs habe er dennoch wahrgenommen, das Auto aber nicht gesehen.

Auf Nachfrage gab er an, der Neonazi Ringl habe die Gläser geworfen, sein Kamerad Maximilian Andreas sei mit den Barhockern zugange gewesen. Anschließend stellte Richter Andreae einige Fragen. Der Zeuge gab an, auf dem Weg von Sparkasse zu Rewe und zurück sei ihm nichts ungewöhnliches aufgefallen. Auf Nachfrage gab er an, er sei nicht mit seiner Ex-Freundin in den Rewe zum Zigaretten kaufen, weil er seine Maske vergessen hätte. Im Publikum sorgte dies für Verwunderung, handelte es sich doch um einen Vorfall aus dem Oktober 2019, als Corona und Maskenpflicht in Deutschland noch keine Rolle spielten. Im Gericht selbst wurde dies jedoch nicht hinterfragt.

Der Vorsitzende übernahm wieder und fragte, ob sich der Zeuge sicher sei, dass er gesehen habe, dass die von ihm als Frau wahrgenommene Person erst aus der Kneipe kam. In seiner ersten Vernehmung bei der Polizei hatte er noch angegeben, die als Frau wahrgenommene Person habe bereits mit den vier anderen maskierten Personen vor dem Bull’s Eye gestanden, als er mit seiner Ex-Freundin weggeschickt worden sei. Die als Frau wahrgenommene Person sei ca. 170cm groß gewesen. Alle Personen seien seiner Erinnerung nach komplett schwarz gekleidet und maskiert gewesen. Auf mehrfache suggestive Fragen des Vorsitzenden hin meinte er, sich trotz der seiner Aussage nach schlechten Lichtverhältnisse noch an eine rote Weste bei der als Frau wahrgenommenen Person zu erinnern. Richterin Horlacher stellte noch einige Nachfragen zu dieser Person. Zwar habe sie eine Sturmhaube getragen, er wolle aber dennoch ihren Mund und einen Zopf gesehen haben, welcher auf der rechten Seite zusammen gebunden gewesen sein soll. Schlussendlich gab er jedoch zu, dass er die Person „nicht direkt angeguckt“ habe.

Anschließend stellte Oberstaatsanwältin Alexandra Geilhorn noch einige Nachfragen, wie sich die Situation darstellte, nachdem die maskierten Personen weg waren. Er sei zu dem mit gereizten, tränenden Augen vor dem Bull’s Eye stehende Leon Ringl gegangen und habe gefragt, ob irgendwer Hilfe brauche, dieser habe ihm daraufhin die Geschehnisse geschildert.

Hakenkreuz-Tattoo und Sport im Keller des Bull’s Eye

Nach der Pause begann RAin Weyers die Befragung des Zeugen durch die Verteidigung. Insbesondere ging es um das Kennverhältnis zwischen dem Zeugen und Neonazi Leon Ringl. Er habe Ringl kurz nachdem er nach Eisenach gezogen war über einen Kumpel seines großen Bruders kennengelernt und angefangen, mit ihm Kraft- und Kampfsport zu treiben. Ihm sei erst drei Monate nach dem hier verhandelten Vorfall klar geworden, wie rechts Ringl wirklich sei und er habe sich dann von ihm distanziert. Schlüsselmoment für seine Erkenntnis sei gewesen, dass er von Ringl dessen neues Hakenkreuz-Tattoo auf seinem Oberschenkel gezeigt bekommen habe. Geschehen sei dies, als er Ringl bei den notwendigen Sanierungsarbeiten in der Neonazi-Szenekneipe geholfen hat. Auf seine Nachfrage bezüglich des „Warums?“ des Tattoos habe Ringl angefangen zu lachen.

Im Bull’s Eye selbst habe der Zeuge nur wenig Zeit verbracht, die meiste Zeit verbrachte er in dem Sportraum im Keller der Kneipe, welcher regelmäßig von Knockout 51 benutzt wurde. Lediglich an Geburtstagen, so z.B. an denen der Neonazis Erik Krempler und Maximilian Andreas, habe er sich im Bull’s Eye aufgehalten.

Zum Vorfall an sich gab er weiter an, dass er im Nachgang wenig darüber geredet habe, da er den Vorfall vergessen wollte. Er sei vom Blut der vermeintlichen Opfer beeindruckt gewesen und gab aus diesem Grund vor Gericht selbst an, dass seine damalige Freundin wohl die bessere Zeugin sei. Diese Selbsteinschätzung des Zeugen bewahrheitete sich im Laufe der Vernehmung immer mehr. So verstrickter er sich mehr und mehr in Ungereimtheiten, deren Erläuterung den Rahmen dieses Berichts sprengen würde.

Stellvertretend für die Unglaubwürdigkeit des Zeugen seien hier kurz seine Ausführungen zu seinem Fahrrad erwähnt. Vor der Mittagspause gab er an, er habe sein Fahrrad auf dem Weg vom Rewe zum Bull’s Eye geschoben und habe es nach dem Zusammentreffen mit den Maskierten vor dem Bull’s Eye neben ihrem Versteck hinter einem Busch an eine Laterne angesperrt. Nach der Mittagspause hielt der Senat dem Zeugen ein Überwachungsvideo aus der Vorfallsnacht vor, in welchem wohl der Zeuge mit seiner Ex-Freundin auf dem Rückweg zum Bull’s Eye zu sehen sind, jedoch ohne Fahrrad. Daraufhin zeigte sich der Zeuge äußerst überrascht, nur um zwei Minuten später anzugeben, ihm sei bereits in der Pause wieder eingefallen, dass er das Rad im Keller des Bull’s Eye abgestellt habe. Den Widerspruch zwischen seiner Reaktion und seiner Behauptung arbeitete die Verteidigung im Folgenden intensiv heraus, sodass der Senat sich genötigt sah, den Zeugen erneut zu belehren und eine Vereidigung „anzudrohen“. Im Lichte dieser Widersprüchlichkeiten sind die meisten Aussagen des Zeugen zu sehen. Erst erinnerte er sich vermeintlich nur an schwarz gekleidete maskierte Personen, dann an eine rote Jacke bei einer der maskierten Personen, nur um kurz darauf anzugeben, er habe aufgrund der Lichtverhältnisse keine Farben erkennen können. Auch bezüglich der Wahrnehmung einer weiblichen Person unter den maskierten Personen widersprach der Zeuge sich in der hießigen Vernehmung mehrfach. Hinsichtlich der Vorhalte aus dem Protokoll der polizeilichen Vernehmung bestanden kaum noch Parallelen.

Viele vermeintliche Erinnernungen wurden dem Zeugen, wie auch schon an anderen Prozesstagen zu beobachten, durch suggestive Fragen des Vorsitzenden in den Mund gelegt. Ungewöhnlich, aber symbolisch für die Einstellung des Vorsitzenden gegenüber der Verteidigung war eine Situation, in der der Vorsitzende eine Frage von RA Zünbül beanstanden wollte und hierfür auch von einem Staatsanwalt deutliches Kontra bekam.

Im Gegensatz zu den widersprüchlichen Aussagen zur Nacht des Vorfalls waren die Aussagen des Zeugen zu den Eisenacher Neonazis und deren Aktivitäten eindeutig. Neben dem Krafttraining im vom Nationalen Aufbau Eisenach (namentlich Leon Ringl, Maximilian Andreas, Kevin Noeske, Erik Krempler und Robert Schwab) zum Sportraum umgebauten Keller sei er ein paar Mal beim Kampfsporttraining von „Knockout 51“ dabei gewesen. Das Training habe im Flieder Volkshaus, der Eisenacher NPD-Zentrale, stattgefunden. Auch das Hakenkreuz-Tattoo auf dem Oberschenkel von Leon Ringl und dessen rechte bzw. neonazistische Äußerungen fanden noch einige Male Erwähnung. Nachdem der Zeuge entlassen wurde, erinnerte RA Zünbül die OStA Alexandra Geilhorn noch an ihre Pflicht, wegen des Hakenkreuz-Tattoos in strafrechtlicher Sicht wegen der Verwendung von verfassungsfeindlichen Symbolen, § 86a StGB, gegen Leon Ringl zu ermitteln.

Zwischen sechs und acht Bier

Der zweite Zeuge war Stephan Uwe Bornhardt, 47 Jahre alt und Berufskraftfahrer. Er sagte zum Tatkomplex Eisenach I aus, da er an dem Abend Gast im Bull’s Eye war. Er habe den Abend über mit den schon gehörten Zeugen Leipold und Fitzner Dart gespielt und gewürfelt.

Dann sei er in den Tresenraum gegangen, um zu zahlen, als der Angriff stattfand. Er sagte aus, dass jemand ihm auf den Hinterkopf geschlagen habe und eine weitere Person ihm mit Pfefferspray ins Gesicht sprühte. Ab da konnte er nichts mehr sehen und kann nichts weiter zum Geschehen sagen. Während des Angriffs habe er an der kurzen Seite des Tresens gestanden, zudem hätten sich der Wirt Leon Ringl, Maximilian Andreas und Taxi-Klaus im Tresenraum befunden, die anderen beiden seinen noch im vorderen Gastraum gewesen.

Seine Angreifer konnte er nicht genauer beschreiben, die Person mit dem Pfefferspray sei etwa 1,80 Meter groß (er selbst ist 1,98 Meter groß) und vermummt gewesen und man habe sicher keinen Mund sehen können. Das Pfefferspray hat er anhand der Größe beschreiben können, es sei schwarz gewesen und habe einen roten Kopf gehabt. Die Person, die ihm auf den Hinterkopf schlug und damit laut seiner Aussage einen blauen Fleck verursachte, habe er nur im Augenwinkel gesehen und könne dazu keine weiteren Angaben machen.

Auch zu den allgemeinen Umständen des Angriffs konnte er nicht viel sagen, er konnte sich nur an Gläser erinnern, die er hat fallen hören, aber keine weiteren Geräusche oder gar Lärm. Er beschreibt den Vorfall sogar als „stille schnelle Aktion“. Nach dem Angriff hätten die Sanitäter ihn fast gezwungen, mit ins Krankenhaus zu fahren, um sich wegen des Pfeffersprays behandeln zu lassen. Danach sei er nochmal am Bull’s Eye vorbeigegangen und habe gesehen, dass die Spurensicherung noch drinnen war. Er habe an dem Abend zwischen sechs und acht Bier getrunken, sei also stark angetrunken gewesen, wie er selbst meinte.

Er habe nichts von einer Frau mitbekommen, die am selben Abend nach der Toilette gefragt habe und hätte auch im Nachhinein nichts davon mitbekommen. Er sagte auch, dass er keine Gespräche mit Leon Ringl über den Angriff geführt hätte, obwohl er nach wie alle drei bis vier Wochen im Bull’s Eye sei. Der Zeuge wurde ohne Befragung durch die Verteidigung nach etwa 45 Minuten entlassen.

Beweisanträge der Verteidigung

Im Anschluss an die Vernehmung des zweiten Zeugen hatte die Verteidigung die Möglichkeit, diverse Beweisanträge zu verlesen. In den ersten beiden Anträgen wurde die Ladung des Polizeibeamten Fritzlar angeregt. Er habe die Geschädigten des Tatkomplex Eisenach II noch in der Tatnacht verhört und handschriftliche Protokolle verfasst. 

Im ersten Antrag ging es um die Angaben Leon Ringls zum Angriff auf das Auto seiner Kameraden. Hier gab er an, dass er mitbekommen habe, wie die Scheiben zerstört wurden, in der Hauptverhandlung gab er an, er habe nichts gesehen und gedacht, dass die Geräusche von Schlägen auf seine Haustür herrühren würden. In der Vernehmung in der Nacht gab er an, er habe mit seinen Freunden kurz nach dem Angriff telefoniert. Die Verteidigung sagte, dass der Zeuge dazu neigt, von anderen Wahrgenommenes als eigene Erinnerung wiederzugeben. Dies trifft auch auf seine Aussage zur Frauenstimme beim Angriff auf das Bull’s Eye zu, bei dem nur der Zeuge Andreas in der Vernehmung angab, eine Frauenstimme gehört zu haben, Ringl selbst hat sich dazu in den ersten Vernehmungen nicht geäußert.

Im zweiten Antrag zur Ladung des Polizeibeamten Fritzlar ging es ebenso um die Vernehmungen in der Tatnacht und die Angaben zu den Waffen, die die Angreifenden bei sich trugen. Die Faschisten gaben an, dass sie Schlagstöcke und Pfefferspray gesehen hätten, sagten jedoch nichts zu einem Hammer. Diesen erwähnte Maximilian Andreas beispielsweise erst in der Vernehmung im Januar 2020, nannte es dort Zimmermannshammer, zeichnete jedoch vor Gericht die Skizze eines Schlosserhammers.Nils Ackermann schlussfolgerte, dass es ein Hammer gewesen sei, da das Loch in der Windschutzscheibe diesen Schluss zugelassen habe, bei  Angriff selbst habe er aus seiner Position gar nichts sehen können. Auch deswegen beantragte die Verteidigung, das Bild eines Radmutternschlüssels einzuführen, der als Tatmittel in Betracht kommt. Dieser würde auf die Beschreibung und auch auf den Schaden in der Windschutzscheibe passen und zudem ließe dies Rückschlüsse auf die Spontanität des Angriffs zu, da ein solcher Schlüssel sich in jedem Auto befindet, ein Hammer jedoch nicht. Alexandra Geilhorn von der Bundesanwaltschaft stimmte zu, dass Fritzlar gehört werden könne, auch wenn ihre Intention eine andere sei. Die Einführung des Bildes vom Radmutternschlüssel hielt sie nicht für sinnvoll.

In einem dritten Antrag ging es zum einen um die Ladung der Vernehmungsbeamtin Rausch von der KPI Gotha und zum anderen um die Ladung eines renomierten Aussagepsychologen aus Kiel.In den Vernehmungen durch KHM’in Rausch sagten zwei Faschisten, die im Auto gesessen hatten, aus, dass mit einer Stange auf die Scheibe geschlagen wurde. Der dritte gab an, dass es sich vermutlich um einen Hammer handeln würde, konnte dies aber nicht sehen. In der Anklageschrift stand, dass es am Tag vor der Tat einen Hammerdiebstahl gegeben hätte. In den folgenden Aussagen wurden die Zeugen immer sicherer, dass es sich um einen Hammer gehandelt habe, es hat bei allen dreien keine Aussagekonstanz gegeben.

Der Aussagepsychologe soll anhand der Aussagen bestätigen, dass es sich um eine Gruppenerinnerung und nicht um eine originäre Erinnerung handelt. Die Entwicklung des Aussageverhaltens lässt sich nicht anders erklären, als dass wegen des Schadens an der Scheibe die Vermutung, dass es sich um einen Hammer gehandelt haben muss, im Laufe der Gespräche zu einer gefühlten Gewissheit wurde.

Die letzte Zeugin des Tages

Die letzte Zeugin des Tages lebte in derselben Straße, wie Leon Ringl. Sie gab an, dass sie in der Tatnacht des Tatkomplexes Eisenach II, dem Angriff auf Leon Ringl und drei seiner Kameraden, durch merkwürdige Geräusche geweckt wurde. Es sei ein lautes, prasselndes Geräusch gewesen, welches sie nicht zuordnen konnte, weswegen sie aus dem Fenster geschaut habe. Sie habe gesehen, wie Menschen auf ein Auto eingeschlagen hätten und habe sich gewundert, warum das Auto nicht losgefahren sei. Es seien vier bis fünf Personen gewesen und sie könne nicht sagen, ob sie mit den Händen oder mit Gegenständen auf das Auto eingeschlagen hätten.

Im Auto habe sie den Fahrer sehen können und eventuell habe hinter ihm noch eine Person gesessen. Sie könne sich auch nicht mehr an Schäden erinnern, abgesehen von einem kaputten Spiegel. Sie habe auch ein weiteres Auto gesehen und eine Frauenstimme rufen hören, dass die Menschen einsteigen sollen, gesehen habe sie die Person nicht. Auf einer Skizze sollte sie die beiden Autos einzeichnen. 

Zunächst sprach sie nur von zwei Autos, doch als der Vorsitzende Schlüter-Staats ihr einen Vorhalt aus ihrer polizeilichen Vernehmung vorlas war sie unsicher, ob sie noch ein drittes Auto gesehen hätte. Nachdem der Vorsitzende den Vorhalt mehrfach wiederholte, meinte sie, dass sie sich natürlich mit jedem Mal, dass er ihr die Passage vorhält, sicherer wird, dass sie das so gesehen habe. Zu den Lichtverhältnissen sagte sie, es wäre so gewesen, wie „wenn alle Katzen grau sind“, deswegen könne sie zu Farben nichts sagen, nur dass alle Personen dunkel gekleidet gewesen seien und ein Auto hell, eines dunkel gewesen sei.

In der Befragung ging es viel darum, die Reihenfolge zum Ende des Angriffs herauszufinden, also ob die Angreifenden aufgehört haben zu schlagen, bevor das Auto losfuhr oder eben weil das Auto losfuhr. Diese Frage ließ sich nicht abschließend beantworten. Sie gab an, dass sie sich nach dem Vorfall wieder hingelegt habe und am nächsten Tag die Polizei geklingelt und gefragt habe, ob jemand etwas gesehen habe. Etwa drei Wochen später hatte sie einen Termin zur Vernehmung bei der lokalen Polizei. Zu der Vernehmung sagte sie, dass sie dort auch sehr lange warten musste und spielte auf die sehr lange Wartezeit an diesem Prozesstag an.

Am Ende ließ der Vorsitzende noch wie gewohnt aus der Vernehmung protokollieren, was die Zeugin nicht mehr wusste und schloss dann um 16:45 Uhr die Sitzung.


Der nächste Verhandlungstag ist der 30.03.22 um 09:30 Uhr am OLG Dresden.