Pressemitteilung vom 16.03.2022 anlässlich der Unterschlagung von entlastendem Beweismaterial

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Im derzeit in Dresden laufenden Verfahren gegen Lina E. und weitere hat die Bundesanwaltschaft zur Konstruktion der angeklagten Vereinigung entlastendes Beweismaterial unterschlagen. Dies brachte die Verteidigung heute durch einen Beweisantrag ein.

Es geht um abgehörte Gespräche, die nach Interpretation der Bundesanwaltschaft die Beteiligung eines Angeklagten an einem Überfall in Eisenach belegen sollen. Die Aufnahmen stammen aus Observationsmaßnahmen in einem §129a-Verfahren, das ebenfalls von der Bundesanwaltschaft geführt wird. Im Zuge der Observationsmaßnahmen wurden auch Videoaufzeichnungen angefertigt, die den Angeklagten des hiesigen Verfahrens zeigen. Sie belegen, dass er sich „tatsächlich zur Tatzeit in Berlin befunden hat und somit nicht tatbeteiligt sein kann.“ (PM der Verteidigung) Dass der Verteidigung dieser Alibibeweis gelungen ist, sei lediglich dem Zufall geschuldet. Wohingegen die Bundesanwaltschaft die entscheidenden Beweise seit Oktober 2019 in Händen hatte.

„Hier folgt ja ein Skandal dem anderen: Die Bundesanwaltschaft unterschlägt entlastendes Material, damit ihr Kartenhaus nicht zusammenfällt. Denn nichts anderes ist ihre Fantasie einer kriminellen Vereinigung“, kommentiert Marta Zionek, Sprecherin des Solidaritätsbündnisses Antifa Ost. „Die offenkundige Manipulation der Beweislage zeigt den politischen Charakter dieses Verfahrens und entlarvt erneut den unbedingten Verurteilungswillen der Justizbehörden.“

Dabei war schon die Einführung der abgehörten Gespräche immer wieder Streitpunkt in Dresden. Die Verteidigung hat wiederholt beanstandet, dass „Erkenntnisse“ aus diesem tiefen Eingriff in die Privatsphäre verfahrensübergreifend genutzt werden. Aber so konnte sich die Bundesanwaltschaft ihren Spielraum für eigene Interpretationen erweitern, auf denen die hiesige Anklage beruht. „Wir haben in diesem Verfahren vielfach den Eindruck gehabt, dass eine Art von Beweislastumkehr vorliegt und wir gezwungen sind, den Gegenbeweis zu erbringen.“, schreibt die Verteidigung in ihrer PM.

Heute ist zudem Leon Ringl als Zeuge geladen. Er gilt als wichtiger Akteur der Eisenacher Neonaziszene, vor allem wegen seiner Schlägertruppe „Knockout 51“ und seinen Bestrebungen, einen deutschen Ableger der „Atomwaffendivision“ aufzubauen. Jüngste Veröffentlichungen, die ihn zwischen Hitlergruß und Hakenkreuz zeigen, belegen außerdem Verbindungen zur verbotenen Kampfgruppe „Combat 18“.